Verbriefung von Kreditportfolios

Verbriefung von Kreditportfolios
von Professor Dr. Guido Eilenberger
Bei Unternehmungen entstehen in Zusammenhang mit der Leistungserstellung in unterschiedlichem Umfang Forderungsbestände gegenüber den Abnehmern. Derartige „Kreditportfolios“ unterschiedlicher Entstehungsgründe und Fristigkeiten binden in jedem Fall Kapital, das in anderen (investiven) Verwendungen höheren Ertrag versprechen würde, als Finanzierungen von Forderungen jedoch nur Kapitalkosten verursachen. Daher entstand bereits Mitte der 80er Jahre die Idee, derartige Forderungen zu bündeln, in geeigneter Weise am Kapitalmarkt zu platzieren und damit Unternehmungen neue Liquidität zuzuführen. Durch die Schaffung von Asset Backed Securities (ABS) erfolgten erstmals Verbriefungen von Kreditportfolios über konzerneigene Finanzierungsgesellschaften in den USA und in Großbritannien. Die klassische Struktur einer derartigen Verbriefung zeigt die Abbildung:
Unternehmung A gründet eine Tochtergesellschaft für ABS-Finanzierungen, verkauft an diese ABS-Gesellschaft die Forderungen nach Tranchen (entsprechend der Fristigkeiten gebündelt). Die ABS-Gesellschaft platziert die nunmehr in ABS verbrieften Forderungen als Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt und leitet die entsprechenden Erlöse an Unternehmung A weiter. Damit ist der Zweck der Liquiditätszuführung durch Umfinanzierung erreicht. Die Tilgung der ABS am Kapitalmarkt nach Laufzeitende der ABS erfolgt durch die Tilgungszahlungen der Schuldner (i.d.R. an die ABS-Gesellschaft).
Die Technik der Tranchenbildung durch die ABS-Gesellschaft (ABSC) gibt die folgende Abbildung wieder (die eine spezielle Form der Bündelung als eine sog. Pay-trough-Struktur zeigt).
Unternehmungen mit großvolumigen Forderungsbeständen (Kreditportfolios) können neben dem Vorteil einer Liquiditätsverbesserung erhebliche weitere Finanzierungsvorteile erzielen. Dies ist bes. dann der Fall, wenn die Verbriefung von Forderungen an externe Finanzierungsgesellschaften übertragen wird, sog. Zweckgesellschaften (Special Purpose Vehicles (SPV)), welche die Vermögenswerte in kapitalmarktfähige Wertpapiere transformieren und dadurch neue Portfolios bilden. Die Übertragung der Forderungen an die SPV ist generell als „echter Verkauf“ vorzunehmen und damit aus dem Risikobereich des Verkäufers (Originator) herauszulösen.
Seit 2002 werden Verbriefungen von Kreditportfolios auch durch Banken in Angriff genommen, die dadurch sowohl ihre Eigenkapitalausstattung zu minimieren als auch Risiken aus dem Kreditmarkt auf den Kapitalmarkt zu transferieren versuchen. Dabei handelt es sich grundsätzlich um bilanzwirksame Ausplatzierungen von Forderungen (True Sales) vornehmlich über Spezialbanken (z.B. KfW) in Verbindung mit Kreditversicherungen oder Kreditderivaten, die eine Verringerung der Finanzierungskosten ebenso erlauben wie ein wirksames Zinsrisikomanagement. Die Ausplatzierung von Kreditportfolios von Banken wird in der Öffentlichkeit zuweilen kritisch gesehen, zumal der Verdacht geäußert wird, es könnte sich um eine Verlagerung von bonitätsmäßig schlechteren Krediten an den Kapitalmarkt handeln. Dem muss allerdings nicht so sein, da die Zusammenfassung von Krediten und anderen Forderungen in verbrieften Forderungsportfolios zu einer positiven Bonitätsarbitrage führen können: Durch den Einbezug von verschiedenen Forderungsportfolios erfolgt eine Diversifizierung von Risiken und ggf. eine bessere Bewertung des neuen, verbrieften Portfolios. Dazu können die Vorteile eines verbesserten und spezialisierten Debitorenmanagements sowie die Vorteile eines verbesserten Ratings gegenüber den ggf. niedrigeren Ratings bei isolierter Portfolioverwertung kommen. Bei Banken bleibt darüber hinaus die Kundenbeziehung erhalten. Aufsichtsrechtlich ist die Veräußerung von Kundenforderungen im Rahmen von ABS-Transaktionen durch das Rundschreiben 4/97 der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vom 20.5.1997 geregelt. Wenn Kreditderivate in Zusammenhang mit ABS-Transaktionen eingesetzt werden, ist das Rundschreiben 10/99 über die „Behandlung von Kreditderivaten in Grundsatz I gemäß §§ 10, 10a KWG und im Rahmen der Großkredit- und Millionenkreditvorschriften“ zu beachten.
Neuerdings werden in die Verbriefungen von Forderungsportfolios auch die mittelständischen Unternehmungen einbezogen, z.B. von der IKB Deutsche Industriebank AG. Insofern eröffnen sich mittelständischen Unternehmen, die durch die gestiegenen Eigenmittelanforderungen nach Basel II Probleme bei der traditionellen Kreditfinanzierung durch Banken haben, neue Möglichkeiten einer Finanzmittelbeschaffung, noch dazu zu günstigen Konditionen.
Unabhängig ob die Verbriefung von Kreditportfolios durch Unternehmungen oder Banken erfolgt, eignen sich als am Kapitalmarkt verbriefungsfähige Forderungen grundsätzlich v.a.
– mittelfristige Forderungen aus Lieferungen und Leistungen,
– Forderungen aus Franchise- und sonstige Lizenzvereinbarungen,
– Mietforderungen,
– Forderungen aus Konsumenten- und Unternehmenskrediten,
– Hypotheken- und Wohnungsbaudarlehen.
Obwohl ursprünglich ausschließlich mittel- bis langfristige ABS Gegenstand von Emissionen am Kapitalmarkt waren, sind seit 1998 auch kurzfristige Verbriefungen in Form von Asset Backed Commercial Papers (ABCP), besonders am amerikanischen (Geld-)Markt, möglich. Insofern können auf Assets gestützte Finanzierungen alle Laufzeit- und alle Forderungsbereiche abdecken.
Allerdings stellen derartige Konstruktionen in Form von ABS und ABCP grundsätzlich komplexe Transaktionen dar, die in Anbetracht des hohen Prüfungs- und Sicherungsaufwandes ein Mindestvolumen von 25 bis 30 Millionen Euro voraussetzen. Verbriefungen aus der sog. True-Sale-Initiative (TSI) unter Federführung der KfW (über die „Provide-Plattform“) durch Banken weisen teilweise wesentlich höhere Volumina auf. An der TSI beteiligten sich bis Ende 2003 bislang 13 Banken.

Lexikon der Economics. 2013.

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